Radsturz und extreme Wetterbedingungen beim Ironman Switzerland

Jul 17, 2012   //   by chris   //   Blog  //  No Comments

Das war wohl das härteste Rennen meiner bisherigen Laufbahn letzten Sonntag in Zürich sowohl physisch als auch mental. Verrücktspielendes Wetter und ein Sturz auf dem Rad machten mir das Leben schwer und einen Strich durch die Rechnung ein Podestplatz zu ergattern. Trotzdem habe ich meinen “Iron Mann” gestanden und in 9:04 auf dem 12. Platz gefinisht.

Nach frühmorgendlichen Regenfällen sah es am Start schon nach Wetterbesserung aus und ich freute mich auf ein gutes Rennen. Nur der heftige Wind der über den Zürichsee pfiff, machte zunächst das Schwimmen aber vor allem die Orientierung auf dem mit nur zwei erkennbaren Bojen abgesteckten Schwimmkurs äußerst kompliziert. Wenn man dann noch wie ich die falsche Boje ansteuert, mir ist immer noch nicht klar wozu diese eigentlich diente, kommen schnell ein paar Minuten mehr in den aufgewühlten Wassern des Zürichsees zustande. 59 Minuten und Platz 26 war dann die Schwimmbilanz nach 3800 oder vielleicht ein paar hundert Metern mehr.

Trotz Allem fand ich einen guten Start auf dem Rad. Ich wusste, dass mit meiner Form noch einiges nach vorne gehen würde und machte auf den ersten 30 km schon einige Plätze gut. Mit ca. 300 getretenen Watt im Schnitt, gemessen mit meinem Quarq System von SRAM, lag ich mehr als im Plan. Die Straßen war noch teilweise feucht, mal mehr mal weniger, deshalb lies ich in Kurven immer Vorsicht walten um keinerlei Risiko einzugehen. Vor einer 90 Grad Linksabbiegung fuhr ich also wiederum mit höchster Konzentration den Lenker sicher im Griff und mit mehr Vorsicht denn je an. Dann ging alles ganz schnell. Noch bevor ich überhaupt eine Lenkbewegung machen konnte, fand ich mich urplötzlich in der Horizontalen wieder, auf Schulter und Hüfte über den Asphalt schleifend. Mir war erst gar nicht klar was passiert, und es war mir unerklärlich wie ich in dieser Situation zu Fall kommen konnte. Unmittelbar vor der Abbiegung bin ich wohl auf einem nassen Zebrastreifen weggerutscht und hatte keine Chance mehr etwas zu korrigieren. Der Schlag auf Schulter und Hüfte war auch dermaßen dumpf, dass ich schon größere Schäden befürchtete. Als ich dann blutende Wunden und die Schmerzen war nahm, dachte ich das Rennen sei somit gelaufen. Ich wollte meinen Körper gar nicht noch weiter abchecken, da ich Angst hatte noch schlimmere Verletzungen zu finden.

Nachdem ich den ersten Schock, dann etwas verdaut hatte, checkte ich mal das Bike. Bis auf ein paar Kratzer und einer verklemmten Kette war es zum Glück unversehrt. Dann versuchte ich mal so langsam noch mit zitternden Fingern die Kette wieder in Ordnung zu bringen, was glaub ich fast  zehn Anläufe benötigte. Irgendwann dachte ich mir, zum Aufhören ist es doch noch zu früh, und ich bin nicht hergekommen um mir von einer feuchten Straße den Tag versauen zu lassen und kletterte somit gemächlich jedoch recht lustlos und fluchend zurück auf’s Rad. Ich wollte es irgendwie doch noch mal versuchen, auch wenn das Rennen eigentlich schon gelaufen war.

Zunehmend schlechter werdendes Wetter machte die Situation nicht gerade besser und ließ meine Flüche nur noch schlimmer werden. Von einem Wolkenbruch ging es in den Nächsten, dazwischen Sonne Sturm und Hagel. Diesen Wechsel gab es fast alle 10 Minuten den ganzen Tag lang. Abfahrten fuhr ich fast nur noch im Schritttempo, ich wollte auf keinen Fall ein zweites mal den Asphalt küssen. Auch der Druck auf dem Pedal war weg, ich bekam kaum noch 240 Watt zusammen, was die Motivation auch nicht gerade steigerte. So lies ich nach dem Sturz noch viel mehr Zeit liegen als ich ohnehin schon verloren hatte. Auch wenn ich bei dem Rennen ganz vorne mitmischen wollte, sagte ich mir aber immer wieder: “Jetzt musst du trotzdem das Beste draus machen und das Ding beenden, auch wenn’s aussichtslos erscheint.” Irgendwie quälte ich mich dann über die verbleibenden 150 km mit schmerzendem Unterarm und Schulter, schaffte die 180 km dann aber tatsächlich noch in 5 Stunden.

Tja und dann stand da ja noch ein Marathonlauf an, auf den ich mich unter anderen Umständen besonders gefreut hätte, da ich im Laufen dieses Jahr wirklich in solch bestechender Form bin. Ich versuchte dann mal locker loszulaufen und einen Rhythmus zu finden, in dem sich die Schmerzen in Grenzen hielten. Der 10 Platz war meilenweit entfernt, ca. 15 Minuten vor mir, also war ich ohne Chance auf eine achtbare Platzierung. Ständig dachte ich an Aufgabe und war am Abwiegen, ob das hier noch Sinn macht oder nicht. Doch schlussendlich kam ich zu der Erkenntnis, dass mir dieses Rennen nur was bringt wenn ich es beende. Vor allem mental wird es mich noch stärker machen, wenn ich aus einer aussichtslosen Situation wie dieser trotzdem versuche das Bestmögliche herauszuholen.

Ganz besonders geholfen haben mir dabei meine Freundin Petra, die mich immer wieder bestärkt hat weiter zu machen und mich optimal auf der Strecke verpflegt hat, mein Bruder Gerhard und meine Freunde Roland und Markus, die mich ebenso ständig motiviert haben nicht locker zu lassen, genau sowie viele andere bekannte und auch unbekannte Gesichter am Streckenrand, die mich immer wieder angefeuert haben. Vielen lieben Dank euch allen. Ohne euch hätte das wohl nicht mehr geklappt.

So lief ich also doch noch relativ konstant einen 3:01 Stunden Marathon und konnte zum Schluss sogar noch mal zulegen als mir Petra immer kleiner werdende Rückstände durchgab und ich den Top 10 doch noch auf die Pelle rücken konnte. Ganz hat es dann nicht mehr gereicht, aber mit einem 12. Platz hätte ich nach diesen Geschehnissen auf dem Rad nie und nimmer gerechnet. Deswegen bin ich sehr glücklich und auch ein wenig stolz das Rennen noch so anständig in 9:04 Stunden beendet zu haben. Am Ende waren das auch nur knapp über 20 Minuten Rückstand auf den 3. Platz. Ich will jetzt nicht’s schönreden, aber ich glaube das wäre ohne das Küssen des Asphalts nicht ganz unmöglich gewesen.

Mein Respekt gilt allen, die am Sonntag bei diesen verrückten Wetterbedingungen nicht aufgegeben sondern durchgezogen haben, und ganz besonders Ronnie Schildknecht, der ein absolutes Weltklasserennen abgeliefert hat und mit 15 Minuten Vorsprung gewonnen hat. Da kann man nur herzlich gratulieren! ebenso wie dem Zweiten Jan Van Berkel bei seiner Ironmanpremiere nach verpasster Olympiaqualifikation und dem Drittplatzierten Mathias Hecht.

Für mich ist die Saison deswegen noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil, jetzt geht es richtig los, meine Form ist besser denn je und ich werde damit noch einige Rennen bestreiten. Auch Hawaii habe ich noch nicht abgehakt. Ich werde euch bald darüber informieren, wo ich als nächstes starten werde.

Take care,
Euer Chris

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